Hallo Tauchsportfreunde,
seit mehreren Jahren mussten Meeresbiologen feststellen, dass vorhandene Seegraswiesen kleiner wurden oder sogar gänzlich vor unseren Ostseeküsten verschwanden. Deshalb standen Kay Kindler und ich mit Angela Stevenson von Division of Marine Ecology und mit Christin von SEA SHEPERD im engen Kontakt, weil das „Seegraswiesen-Pflanzprojekt“ schon seit ein paar Jahren mit den Tauchvereinen aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt werden soll.
Dieses wichtige Umwelt-Projekt lag Kay und mir sehr am Herzen.Vor ein paar Wochen wurde nun endlich eine Entscheidung getroffen und das Projekt konnte gestartet werden. Christin informierte alle interessierten Tauchvereine. Es konnte sich eine Delegation von 2 Personen pro Verein für den Lehrgang anmelden. Ich fragte Torben Happe, ob er mich begleiten würde und Torben sagte zu.
Wir haben vom 16.-18.05.2025 am Lehrgang teilgenommen und diesen erfolgreich absolviert.
Die Lerninhalte wurden zusammen von Angela Stevenson und von Florian Stadler vom GEOMAR aus Kiel erarbeitet.
Wir wurden vorab in einer circa 2-stündigen Online-Schulung mit Wissenswertem über Seegras unterrichtet.
Die Praxisausbildung fand in Wackerballig in der Geltinger Bucht (54°45’55.8″N 9°52’52.4″E) in der Nähe von Flensburg statt.Wissenswertes:
Die Ausbreitung von Seegras ist wichtig, um die zahlreichen ökologischen Funktionen von Seegraswiesen zu fördern, wie z.B. die Erhöhung der Biodiversität im Meer, die Verbesserung der Wasserqualität und die Bindung von CO2-Emissionen. Die natürliche Ausbreitung von Seegräsern durch Samenverbreitung und Ansiedlung von Setzlingen erfolgt oft nur langsam (über Jahrzehnte). Daher sind Wiederansiedlungsmaßnahmen durch den Menschen wichtig, um diesen natürlichen Prozess zu beschleunigen. Die Methode ist auch ein wichtiges Instrument, um dort einzugreifen, wo die Wiederansiedlung eines Gebietes unter natürlichen Bedingungen nicht möglich ist (z. B. wenn Seegras völlig verschwunden ist und keine nahe gelegene Samenquelle zur Wiederansiedlung des Gebietes zur Verfügung steht).
Die „Einzelverpflanzung“ ist momentan die effektivste Methode zur Wiederherstellung von Seegraswiesen und hat sich in der Praxis bewährt. Dabei werden Seegrastriebe von Tauchern einzeln verpflanzt. Dieses Verfahren ist kostspielig und erfordert entweder professionelle Taucher oder Personen mit einer wissenschaftlichen Tauchausbildung. Der Mangel an qualifizierten Kräften stellt derzeit den größten Engpass für eine schnelle und effiziente Wiederbegrünung der deutschen Ostsee dar, kann aber durch den Einsatz von Citizen Scientists mit Tauchschein aufgefangen werden. Der Kurs wird nicht nur die Wiederherstellung der Seegraswiesen entlang der deutschen Ostseeküste beschleunigen, sondern auch das negative CO2-Emissionspotenzial dieser Ökosysteme (und ihre vielen anderen Funktionen) erhöhen.
Das Ziel des Kurses war eine Gruppe von Tauchern in der Wiederherstellung von Seegraswiesen auszubilden, damit sie ihr eigenes wissenschaftlich fundiertes „Underwater Community Gardening“ starten können. Es sollte sich jedoch um eine koordinierte Aktion handeln, die ausschließlich von Personen durchgeführt wird, die das vom GEOMAR entwickelte und von GEOMAR und Sea Shepherd durchgeführte Training absolviert haben.
Diese können dann mithilfe der Vereins-/Gruppenmitglieder eigene Wiederherstellungsmaßnahmen durchführen. Personen, die den Kurs absolviert haben. dürfen dabei als Supervisor für nicht ausgebildete Personen agieren. Ein Verhältnis von einer ausgebildeten Person zu maximal vier nicht ausgebildeten Personen muss dabei eingehalten werden.
Der Kurs bestand aus acht Unterrichtseinheiten. Dazu gehörten Übungen an Land und drei Taucheinheiten im Freiwasser. Am Ende des Kurses verfügten die Teilnehmenden über das notwendige Wissen, um ein Projekt von Anfang bis Ende durchzuführen.
Dazu gehörten folgende Themenabschnitte:
- Grundkenntnisse über Seegräser und ihre Bedeutung für Umwelt und Gesellschaft,
- Auswahl einer geeigneten Spenderwiese zur Entnahme von Seegraspflanzen,
- Auswahl eines geeigneten Standortes ohne Pflanzen, der wiederhergestellt werden kann,
- Einholen aller erforderlichen Genehmigungen für die Entnahme/Pflanzung von Seegras an diesen Standorten,
- Seegras so schonend wie möglich entnehmen,
- Seegras nach wissenschaftlichen Kenntnissen pflanzen, um den Wiederherstellungserfolg zu optimieren,
- Durchführung einer ersten Kontrolle der bepflanzten Wiese, um sicherzustellen, dass die Pflanzen nach der
kritischen Zeit von zwei Wochen erfolgreich angewachsen sind und - Erfassung von Informationen über wiederhergestellte Seegraswiesen und Spenderwiesen.
Torben und ich brachen am Freitagnachmittag, den 16.05.2025 in Richtung Flensburg nach Wackerballig auf und nisteten uns im gemütlichen „Fähr-Cafe Bonsberg“ ein. Am Samstag und Sonntag hatten wir sonniges T-Shirt-Wetter, aber leider machte uns auflandiger Wind aus Norden ganz schön zu schaffen. Wir hatten ordentlich Wellen mit einer Schaumkrone auf dem Wasser. Die Sicht unter Wasser war miserabel, brachte uns aber nicht dazu, den Lehrgang abzublasen. Insgesamt waren wir 16 Teilnehmer aus ganz Schleswig-Holstein und aus Hamburg. Das Team von Sea-Shepherd war einfach „Weltklasse“. Die Ausbildung war bestens vorbereitet und sogar ein „Shuttleservice per Rhib-Schlauchboot zur Seegras-Entnahmewiese“ war sichergestellt.
Am Ende des Lehrgangs haben wir gemeinsam eine 9 Quadratmeter Seegraswiese neu angepflanzt und hoffen sehr, dass die Pflanzen auch angewachsen werden.
Nun heißt es in der Tauchgruppe Kiel Interessierte zu finden, um gemeinsam dieses tolle Projekt in die Tat umzusetzen.
Euer
Frank Kruse